Surfing tales, Part II: Wellen und österreichische Verstärkung in Pavones

Da hatten wir es fast nach Panama geschafft und schon wieder schlug der Surfvirus zu! Hier in Pavones, kurz bevor die Straße endet und einen nur mehr ein Marsch durch den Dschungel von Panama trennt, gehen die Uhren nach Ebbe und Flut und onshore und offshore Wind. Der Rio Claro beendet hier seinen Weg durchs Land und schlängelt sich um eine Sandbank bevor er das Meer mit Wasser speist. Mit Betreten dieses Dorfes, das zwei Stunden Busfahrt vom nächsten Bankomaten entfernt ist, scheint man in eine andere Welt einzutauchen: Eine Welt fernab von Straßenlärm, Hektik, Zeitdruck, Stress und Verantwortung. In dieser süßlich riechenden Hippiekommune liegt alles einen Steinwurf voneinander entfernt und wer sich so glücklich schätzen darf, dass er hier (kurzzeitig) wohnt, ist entweder hier geboren oder wegen der Welle gekommen. Die Welle: Ein Berg aus salzigem warmen Wasser, der sich langsam aufbäumt, um dann an der gleiche Stelle immer und immer wieder nach vorne zu brechen und mit seiner Kraft aus weißer Gischt Kinder und Erwachsene, die wieder zu welchen geworden sind auf ihren Brettern bis zum Strand befördert.

So sind auch wir wegen der (ehemals) längsten bekannten linksbrechenden Welle ins kleine Dörfchen gepilgert, um wieder einmal länger als geplant zu bleiben. 🙂 Direkt bei unserer Ankunft schien es aber eher so, als würden wir keine einzige Nacht in Pavones verbringen können, die extrem guten Bedingungen hatten nämlich so viele Surfer angezogen, dass es fast kein freies Zimmer mehr gab. Schlussendlich kamen wir aber dann doch die ersten zwei Nächte in einem äußert netten Gästehaus am Anfang der Straße unter. Danach zogen wir näher Richtung Meer ins Casa Olas, das sich eher als „Casa Austria“ entpuppte, da Kristin aus Oberösterreich hier als Freiwillige arbeitete und sich nach kürzester Zeit als ausgezeichnete Pavones-WG Mitbewohnerin herausstellte. Wir stellten schnell fest, dass offene Küchen, große Esstische und gemeinsames Kochen offenbar unweigerlich mit Surfhostels verknüpft sind und so befürchteten wir schon früh, dass die Weiterreise nach Panama noch ein Weilchen warten muss… 🙂



Am ersten Tag entschieden wir uns nach einer kurzen Wellenbeobachtung allerdings erstmal die Surfbretter stehen zu lassen. Obwohl wir es nicht gerne zugeben, aber 4-5 Meter hohe Wellen, und eine Meute, die mit Brettern die einem grade mal bis zum Hals reichen und Surferfahrung von etwas mehr als nur zwei Jahren ausgestattet war, liegen (noch) nicht ganz in unserem Level. Naja, ganz ohne Wellenreiten wollten wir den Ort nun auch wieder nicht verlassen und so machten wir uns Tag drauf auf zur „Baby-Bay“, welche adäquatere Bedingungen zu bieten hatte. Dort holten wir uns entweder blaue Flecken, duck-dive Erfahrung oder ein gemütliches Pläuschchen mit Kristin, dafür aber eher weniger (bzw. recht kurzen) Fuß-Brett Kontakt… Also mussten wir wohl oder übel raus aus dem Kinderpool und rein ins Sportbecken. Glücklicherweise nahm nach ein paar Tagen der „swell“ und damit auch die Gästeanzahl in Pavones ab und so saßen wir bald dort, wo ab 5.30 Uhr hart gepaddelt und schnell gesurft wird – auf der Pavoneswelle.


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Brachte die allabendlich Lagebesprechung mit den Themen „tide“, „onshore wind“ und „swell direction“ hervor, dass eine earlybird Session angesetzt wurde, läuteten unsere Wecker noch vor Sonnenaufgang. Im Aufwachen fragte man sich manchmal ob man grade noch träumte, oder ob wirklich draußen schon über die „high tide“ geredet wurde. Meistens war letzteres der Fall und so packten Kristin und wir unsere Surfbretter und marschierten in der Dämmerung runter zu den anderen Surfern, die ebenfalls die Idee hatten, vor allen anderen unten zu sein. 🙂 Mit aufgehender Sonne erledigten wir unseren Morgensport und genossen danach ein umso größeres Frühstück, auf das (öfter ausgedehnte) Nap-Einheiten folgten. Dafür nahmen wir uns die im Hostel lebende Katze zum Vorbild, die am einem Tag wahrscheinlich mehr REM-Phasen durchlebte, als alle Gäste zusammen.

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Abends liefen wir zu kulinarischer Höchstform auf: Die Entdeckung des Tico-Käse (an dieser Stelle nochmal Danke an Alex!) mischte die Reis/Nudeln-Gemüsesauce Eintönigkeit auf und beim riesigen Red Snapper, der frisch vom Fischerboot kam lief uns schon das Wasser beim Zubereiten im Mund zusammen. Eine kanadische Mehlspende brachte uns allabendliche Pancake-Freuden und unser Ökoherz schlug jedesmal höher, wenn der Schokomann vorbeiradelte, um uns mit handgemachter Bioschoko und Kakaobohnen versorgte. Waren die hungrigen Bäuche wieder gefüllt (und hatten wir einen vierten Mitspieler gefunden), kam der Doppelkopf-Teil des Tages. Leider teilte manchmal niemand unsere (etwas fordernde) Leidenschaft und so gaben wir zwar anderen Kartenspielen eine Chance, trauerten schlussendlich aber doch noch Doppelkopf nach..

Die Unwissenheit, dass Sonne nicht nur Haut, sondern auch Lippen und Augen verbrennen kann, führte leider zu schmerzlichen Erfahrungen. Während Thomas versuchte mit Virostatika seine Unterlippe vor einer feindlichen Übernahme durch Herpes zu schützen, äußerten sich Kathis Folgeschäden in einer Photokeratitis, die sie für ein paar Tage an ihre Sonnenbrille kettete. Auch nachdem die „I wear my sunglasses at night“ Zeiten vorbei waren, florierte der Pflegeprodukte/Medikamenten-Handel zwischen Kristins und unserem Zimmer. In der Not werden eben nicht nur die Mango gegen Wassermelone getauscht, sondern auch Bepanthen gegen Haarpflegeöl.

Auch wenn uns surfen, jonglieren, Kartenspielen und Sonne tanken sehr gut bei Laune hält, freuen wir uns schon auf Panama! Mal schauen, wann Kristin den Malerpinsel zur Seite legt und weiterzieht – vielleicht schaffen wir es dann auch diese Oase der Abgeschiedenheit zu verlassen. 🙂


Vom Surfbrett in die Wanderschuhe: Peninsula de Osa

​Nachdem langsam unsere ganze Hostel-Family abgereist war und unsere Postkarten, die wir aus Uvita weggeschickt hatten schon in Europa gelandet waren (Sowas haben wir selbst in Österreich noch nicht geschafft…), merkten wir, dass es Zeit war weiterzuziehen! Zuvor besichtigten wir aber am letzten Tag den Wasserfall „Cascada Verde“, weil wir nach drei Wochen nicht abreisen konnten, ohne zumindest die Punkte des typischen Zwei-Tage-Uvita Programmes gesehen zu haben. Also machten wir uns in bester Gesellschaft auf zum kühlen Nass und genossen das erfrischende Süßwasser inklusive Nackenmassage. 🙂

Am 13.02. hieß es dann wirklich Abschied nehmen: Wir räumten die Magic Box, leerten unsere rosa Essenskiste und verabschiedeten uns von Mitarbeitern und anderen Reisenden. Wir traten noch ein letztes Mal durchs Eingang- bzw. diesmal​ Ausgangstor des Flutterby und weiter gings Richtung Süden nach Palmar Norte. Dort vertrieben wir uns die Zeit in einem überteuerten Autobahn Restaurant, bis uns der nächste Bus nach Sierpe brachte. Die zwei Orte standen zwar eindeutig in Konkurrenz um den Titel „Verschlafenstes Dorf“, die Bootsanlegestelle jedoch strotze vor Touristen, die – so wie wir – weiter auf die Halbinsel Osa wollten. Zwei Leguane nutzten das Rampenlicht und präsentierten sich von ihre Schokoladenseite für diverse Kameralinsen.

Die bevorstehende Reise durch einen Fluss mit anschließender Überfahrt auf offenem Meer rief bei uns Erinnerungen an die Genesis wach. Vor allem da die Fahrt als „atemberaubend“ beschrieben wurde… Glücklicherweise bedeutete dies in Costa Rica atemberaubend schön und so genossen wir die Fahrt durch die Mangrovenwälder bevor es – etwas rauer – an der traumhaften Küste, die mit in tiefer Sonne leuchtenden Felsformationen wartete, bis nach Bahia Drake ging. Aufgrund einer nicht vorhanden Anlegestelle galt es hier den richtigen Zeitpunkt zum Aussteigen zu erwischen, um nicht mit einer Welle an Land gespült zu werden. Mehr oder weniger trocken schafften wir es in den klitzekleinen Ort, der aus einer unbefestigten Straße bestand und kamen in einem netten Hostel unter.


Die Peninsula de Osa ist bekannt für ihren riesigen Nationalpark Corcovado, der zu den ältesten und an Biodiversität reichesten der Welt gehört. Leider ist eine Besichtigung mit mindestens 90$ Ausgaben verbunden und da die Natur ja sowieso nicht an der Nationalparkgrenze halt macht, entschieden wir uns die Gegend drumherum auf eigene Faust zu erkunden. Gestartet wurde mit einem Wanderweg entlang der Küste zum Fluss „Rio Claro“. Nach der Überquerung von Hängebrücken gings weiter zu verlassenen Stränden, die sich als Buchten zwischen Felsen einbetteten, die die anbrandenden Wellen zerschlugen. Immer im Blick war dabei die Insel Caño, die wie der Ayers Rock im Meer lag. Magische Bäume, die ihre Wurzeln wie Schlangen in Boden und Luft schlugen und knarrende Bambuswäldchen säumten den Weg. Dazu leisteten uns Affen, die (wahrscheinlich unwillkürlich) ihre Essensreste auf uns schmissen und tolpatschig-scheue Nasenbären Gesellschaft. 🙂 Am Boden gab es krabbelndes Getier zu beobachten: Von Kokosnuss-süchtigen Einsiedlerkrebsen bis Eidechsen mit Breitmaulfrosch-Gesicht und Leguan-Beinen war alles dabei! Im Rio Claro badeten wir uns den Wanderstaub und -schweiß von der Haut und hofften, dass das Brackwasser nicht allzu viele Krokodile anzieht… Unverletzt gings den ganzen Weg zurück, wo wir uns ziemlich müde an leckerem italienischen Eis (was sonst erwartet man sich in einem kleinen abgelegen Dorf in Costa Rica…) erfreuten.


Am nächsten Tag gings weiter entlang der Küste zur letzten leistbaren Unterkunft vor den Toren zu Corcovado. Zwei Wege führten zu dem Hostel: Eine 25-minütige (teure) Bootsfahrt oder eine 4-stündige (gratis) Wanderung. Bei uns Sparfüchsen hieß es nicht „oder“ sondern „und“ und so fuhr Kathi mit unserem gesamten Gepäck auf dem Boot während Thomas die Wanderung auf sich nahm. Die ersten zwei Stunden verliefen, bis auf einen Affen, der es auf die Banane in seinem Rucksack abgesehen hatte und nicht davor zurückschreckte Verstärkung zu holen, bestens. Danach stand zwar des öfteren die Frage „Bin ich hier richtig?“ im Lianen, Baum und Sand geprägten Raum, aber nach einigen Klettereinheiten landete auch er im Naturparadies! Eine riesige Wiese erstreckte sich vor den Cabinas und Dorms in den privaten Strand. Dazu gehörte ein Wald, der direkt an Corcovado grenzte und ein perfekter Blick auf den Sonnenuntergang. Leider war die Atmosphäre, sowie die Gastfreundlichkeit der Besitzer nicht so wunderbar. Man fühlte sich ziemlich unwillkommen und unsere Betten bekamen wir schlussendlich nur dank einsatzfreudiger Freiwilliger! Ein Sonnenuntergang wie aus dem Reisekatalog entschädigte uns dann aber ziemlich gut.


Da wir natürlich von den Tier-Beobachtungen der Touristen, die schon eine Wandertour auf dem Gelände hinter sich hatten ziemlich beeindruckend waren, begaben wir uns auch auf Terrain, das mit Tapiren, Affen, Schlangen, Jaguaren und Pumas warten sollte. Weil wir auf eine Begegnung mit Letzteren eher verzichten wollten, verwandelte Thomas einen Ast in eine „Schlangenpeitsche“, von manchen fälschlicherweise als Wünschelrute bezeichnet. Dazu nahmen wir an, dass unsere Beine, die im Gegensatz zu den Waldbewohnern, wie Bohrmaschinen ins Laub rammten, laut genug waren, um größere Raubkatzen abzuhalten. So blieben wir von gefährlichen Zusammenstößen verschont, während wir einen Tucan, einen schwarzen Riesenvogel, einen Kolibri und diverse Affen in den Urwaldriesen herumturnen sahen. Generell waren es vor allem die meterhohen Bäume, die uns in Staunen versetzten und neben denen wir uns wie kleine Ameisen mit Nackenstarre fühlten. Nochdazu fühlte sich der Wald, in dem wir die meiste Zeit ohne eine Menschenseele zu sehen wanderten, durch ständiges knacken, knistern, zierpen, rascheln wirklich mystisch und lebendig an! Nochdazu waren im „Märchenwald“ hohle Bäume zu finden, deren Erscheinung wirklich unwirklich wirkte. Auf den letzten Metern vor dem Hostel erspähte Thomas, der glückliche, noch einen Babytapir. 🙂

Unser letzter Tag auf der Halbinsel begann mit mit einem Ausblick aus unserer Cabina auf die Hängematten, die vor dem Meer, dass sich im frühmorgendlichen Licht tosend gegen die Felsen schlug, baumelten. Entsprechend war auch die Bewegung aufs Boot: Nur mit einem Hechtsprung auf das Vehikel, das auch mit den Schlägen des Wassers kämpfte, konnte man sich vor einer Ganzkörperdusche retten. Nach mehreren Anläufen konnten wir die Bucht endlich verlassen. Kurz vor Einfahrt in den Fluss zeigten sich die Wellen dann wirklich von der nicaraguanisch „atemberaubenden“ Seite und schaukelten uns heftig rauf und runter. Der Käptain meisterte aber alles perfekt und zeigte uns mit einem „Only I drive“ einen abgelegen Ast der vielzähligen Wasserwege, in dem sich der Mangrovenwald märchenhaft und staksig aus dem Wasser erhob. Angekommen in Sierpe warteten weitere sechs Stunden Reise in vier verschiedenen Bussen bevor wir im verschlafenen Pavones, kurz vor der Grenze zu Panama, ankamen. Pura Vida!


Eat, surf, sleep, repeat: Stoked* in Uvita 

​*“stoked“ nach dem Surfen zu sein, beschreibt folgenden Gefühlszustand: „Es war soooo geil!!! Und dann – hast du die Welle gesehen, wie ich weiter drüben war, direkt nachdem das eine Set war – und sie ist dann so schön nach rechts gebrochen – und ich war genau im richtigen Punkt – und dann gings – boah echt – verdammt hoch – und ich denk mir noch paddel, paddel, paddel und drück ja nicht zu weit vorne drauf – und dann brrrr, wooooaaahhh, soooo geil – ich sags dir – wuhhuuuu – so geil – und dann bin ich so geil runtergedropped und so richtig schön nach rechts gezogen – Alter, so geil!!!“

Wer eine Kurzzusammenfassung unserer letzten drei Wochen in Uvita möchte, sei mit der Überschrift bestens bedient. 🙂 Natürlich möchten wir euch die Details aber nicht vorenthalten: Da wir uns in jedem Gespräch mit anderen Reisenden immer als extreme Slow-Backpacker wiederfinden, sollte uns eine schnelle Durchreise durch Costa Rica endlich einige Kilometer weiter südlich bringen… Tja, wir sollten uns wohl damit abfinden, dass wir wirklich Slow-Backpacker sind. 🙂 Außerdem konnte niemand ahnen, dass wir hier in Uvita im Paradies landen werden.

Es ist 7 Uhr morgens – langsam haucht die Sonne Leben ins Flutterby House. Einige Bewohner sind schon vor zwei Stunden mit dem ersten Bus abgereist. Meistens wartet ein Flug oder sie haben sich nach ein paar Verlängerung endlich entschlossen weiter zu reisen. Wenn man hier morgens aufwacht, dann haben einen entweder die Sonnenstrahlen, Vogelgezwitscher oder – wenns noch früher sein soll – der Morgen-surf-Wecker aus dem Schlaf im Baumhaus geholt. Je nachdem, wann die surfbare Flut das Meer in einen Spielplatz aus Wellen verwandelt, begeben wir uns danach zum Wachsen des Surfboards oder in die Küche.

Obwohl das Frühstück mit Armen, deren ganze Energie ins Meer gepaddelt wurde, eigentlich noch besser schmeckt, haben wir auch nichts gegen einen gemütlichen Start in den Tag. 🙂 Dabei verwandelt Thomas die ersten fünf Bananen, die uns hier quasi vom Baum in den Mund wachsen, Eier und Haferflocken in kulinarische Höchstgenüsse, während Kathi mit Vollkornbrot und Lurpak Butter die Pause vom Reis-und-Bohnen-Frühstück genießt.

An stressigen Tagen müssen wir es bis 10 Uhr schaffen unsere sieben Sachen so zu packen, dass wir sie wie zwei Blattschneideameisen, verlassen von ihrer gesamten Truppe, ins nächste freie Zimmer transportieren. Da wir die Verschiebung unserer Abreise an einer Hand nicht mehr abzählen können, kennen wir fast alle Zimmer und Dorms hier nicht nur aus- sondern auch innwendig. 🙂 Sollten uns Sonne und Salz schon die Haut trocken und die Haare blond gemacht haben, suchen wir uns ein lauschiges Plätzchen und widmen wir uns dem literarischen Teil des Nachmittages, der von der ein oder anderen Napping-Pause durchsetzt wird. Bei einer Meditationseinheit am Strand kann es schon mal passieren, dass man plötzlich von ein paar halbschwergewichtigen, auf ihr Territorium beharrenden, Iguanas umrungen wird.

Je nach Motivationslage und Füllstand unserer Essensbox wird am Yoga-Deck die muskuläre innere Mitte gefunden oder der 45-minütige Fußmarsch zum Supermarkt angetreten. Sollte der Tag dann noch ein paar sonnenlicht-erhellte Stunden bereit halten, üben wir unser inoffizielles Surflehrer Dasein aus und verhalfen so schon vier Schülern zu glorreichen Millisekunden im Stehen auf dem Brett.

Irgendwann zieht auch hier der Horizont am Sonnenball, als ob die andere Seite der großen Kugel kaum erwarten kann, die Nacht zu verdrängen und so erstrahlt auch Uvitas Strand im feurigen Rot. So wie dieser Wechsel die Tierwelt im Dschungel erweckt, macht auch die zurückgehende Flut sichtbar, wie diverse Küstenschnecken und Sanddollars im Küstensand leben. Egal ob man noch auf den Wellen schaukelt oder die Küste vom Whale Tail beobachtet, spätestens jetzt hat einen das Licht, das die Palmen gelb färbt und glitzern lässt davon überzeugt, noch ein paar Tage zu bleiben.

Diese Entscheidung fühlt sich noch besser an, wenn man dann in der Küche auf seine Hostel-Family trifft: Christine, Sam, Vivien und Leah bilden Festungen in der Brandung von Zwei-Tages-Gästen, die ebenso interessante und kurzweilige Geschichten von Floridsdorf bis New England mitbringen. Nach dem uns Reis und Bohnen (ganz kommt man nicht drum rum…) gesättigt haben und der große Esstisch wieder die ganze Bandbreite von Reise- und Lebensgeschichten von einer auf die andere Seite getragen hat, geben die Bewohner des Flutterby House langsam dem Melatonin nach und klettern in ihre Baumhäuser und Cabinas.

Es ist 22 Uhr abends – alle Lichter sind aus und auch die meisten Augen zu. Der Tag in Uvita geht zu Ende, die Surfbretter sind verstaut und die Körper gefüllt mit „Pura Vida“ aus Wasser und Sonne: Eat, surf, sleep – repeat!

Zwei Abenteurer auf Abwegen – Sonne, Meer und Strand an der Pazifikküste

​Nachdem wir zwei Monate lang jedes Erlebnis geteilt hatten, entschieden wir uns für ein paar Tage getrennte Erlebnis-Wege zu gehen und so machte sich Thomas auf zur Nicoya Halbinsel, während es Kathi in den Süden von Costa Rica verschlug. In Alajuela machten wir unsere Rucksäcke solo-reisefähig und verabschiedeten uns für eine Woche.

KATHI

Da ich mein eigentliches Reiseziel Uvita nicht an einem Tag erreichen würde, entschied ich mich für einen Zwischenstopp in San Isidro del General. Als erste Hürde musste ich in San Jose den richtigen Busterminal finden. Da ich aber in einem Taxi saß, dessen Fensterheber, Tacho und Anschnallgurte funktionierten bzw. überhaupt vorhanden waren, vetraute ich dem Taxifahrer, der mich auch prompt zum richtigen Bus brachte. Die nächsten dreieinhalb Stunden lieferten wieder wunderschöne Aussicht in die mittlere Hochebene des Landes, jedoch – dank der ununterbrochenen Serpentinenfahrt – ebenso gewisses Unwohlsein… In San Isidro gönnte ich mir den Luxus eines Einzelzimmers und schaute mir die einzige „Sehenswürdigkeit“ (überraschenderweise eine Kirche) an. Eigentlich wollten Thomas und ich von hier aus auf den höchsten Berg Costa Ricas, „Chirripó“, wandern. Da jedoch die Zulassungen zu diesem Nationalpark erst wieder ab Ende März zu haben waren, war meine Absicht, die Gegend für unseren bevorstehenden Aufstieg zu erkunden, hinfällig…


Also trat ich die nächste Serpentinenfahrt an die Küste an: Als sich meine Sitznachbarin mit Abfahrt bekreuzigte und noch ein gemurmeltes Sätzchen mit dem Wort „Dios“ ausstieß, fragte ich mich kurz, ob ich mir mehr Sorgen als die üblichen – nämlich, dass meine Kniescheiben durch den ungewollt engen Kontakt an dem Vordersitz die Fahrt nicht unbeschadet überstehen werden – machen sollte. Die 35km lange Strecke verlief aber, selbst für die Knie, bestens und lieferte für zwei(!) Stunden Ausblicke in die von tiefgrünen Wäldern bewachsenen Berge und Einblicke in die kleinen Dörfer, die sich dazwischen wie eine Perlenkette auffädelten. In Dominical spuckte uns der Bus in die pralle Hitze auf den trockenen Sandboden aus und anstatt drei Stunden neben riesigen Leguanen auf den nächsten Bus nach Uvita zu warten, checkte ich im nächsten Hostel ein und wanderte den wunderschönen, meilenweiten Strand entlang. Während sich im Sonnenuntergang die Wolken im Wasser spiegelten und mit dem Himmel zu einem grenzenlosen Meer verschmolzen, ritten die Surfer die Wellen im letzten glitzernden Licht zum Strand.


Am 20.01. schaffte ich es endlich nach Uvita! 🙂 Dort kam ich für eine Nacht in einer Cabina unter, die zwar von sehr netten Besitzern geführt wurde, dem Wort „Bretterbude“ aber eher näher kam. Dafür wartete einen Katzensprung entfernt der traumhafte Nationalpark „Marino Ballena“, der Strand von Uvita. Dieser hätte bei anderem Wetter und Vegetation auch an der dänischen Nordseeküste liegen können und bietete somit wieder die Möglichkeit endloser Spaziergänge!



Am nächsten Tag zog ich ins Flutterby House, wo einem das Gefühl, nachhause zu kommen, direkt an der Tür entgegenschlägt. In der großen Küche und am langen Esstisch fühlt man sich weniger unter Reisenden als in einer großen Familie und nicht selten hört man nach der Frage an sein Gegenüber, wie lange er/sie denn schon da sei, „Länger als geplant…“. 🙂 Wenn man denn einmal von seinem Buch aufblickt und aus der Hängematte steigt, kann man bei Ebbe den Strand entlang bis zum „Whale Tail“ wandern – eine Sanbank, die sich in Form einer Walflosse ins Meer erstreckt.


THOMAS

Thomas‘ Abenteuer schmeckt zunächst nach Hafer mit Milchpulver und Schweiß, welcher nach einem mittäglichen 32°-Vollgepäckmarsch durch die unattraktive, vor Hitze flimernde Stadt, großflächig an ihm klebt. Die Fähre ist knapp verpasst, die nächste geht erst am Abend. Das nette dreißig Dollar Angebot für ein Dormbett schlage ich freundlich aus und verbringe langweilige, brütende Stunden, von denen Reisende nie berichten. Am späten Abend spuckt mich die Fähre ins Dunkel aus und ein DDR-„Volksbus“ prügelt mich nach Jicaral durch-ein Dorf so attraktiv wie sein Name. Morgens um 5.00 klatsche ich mit dem selben, freudigen Elan (der scheinbar aufkommt, wenn man die Stadt verlassen kann) wie zahlreiche Vorgänger mein Seifestück an die Duschwand und genieße erneut das Volksbus-Gefühl. In Nosara treffe ich auf eine eingeschworene Surfergemeinde, die mit hunderten anderen den Tag über im Wasser auf Wellen wartet. Ich hänge mit ihnen rum, meditiere und lese jedoch vorwiegend, während die Schatten von Pelikanen über mich hinweg ziehen. Die Abfahrt wird frühmorgendlich durch dicke Eichhörnchen und laute Brüllaffen begleitet, während der nächste Stopp weniger naturbelassen ausfällt: Auf der glühenden Autobahn mit unterschiedlichen Richtungsangaben der heimischen Bevölkerung ausgestattet, wird das Umsteigen nicht erleichtert, gelingt aber. Als ich aufwache begrüßt mich Quepos mit irrer Hitze und endlosen Kolonnen an Kokosnuss- und Ananasbäumen, die dicht an meinem Fenster vorbeiziehen. Das Angebot eines offensichtlich in besonderer Intimität zueinander stehenden männlichen Pärchens, bei ihnen schlafen zu können, erscheint mir weniger attraktiv als ein Dorm. Ich verbringe den Abend essend und quatschend mit einem Geschwisterpaar. Morgens steht die Menschenschlange vor dem Nationalpark bei drückender Hitze kurz vor ihrer eigenen Häutung, drinnen erscheint mir der Eintritt jedoch die Mühe wert. Der Strand ist wie aus einem Prospekt geschnitten mit Bäumen,deren fleischige, mit rotem und grünem Leben vollgepumpten Blätter dem glänzenden Weiß des Sandes etwas Schatten spenden. Ich finde ein abgelegenes Plätzchen für eine Wanderpause,welche von einer neugierigen Gruppe Affen (welche, wenn ich mich ihnen zuwende, vordergründig IRGENDWO hinschauen, nur nicht auf die sie eigentlich interessierenden Bananen – sehr amüsante, menschliche Form des demonstrativen Desinteresses), Einsiedlerkrebsen und einem fetten, sonnenbadenden Leguan begleitet wird. Ich lerne nach einer langen Hostelsuche ein junges Pärchen kennen, wir feiern zusammen den Geburtstag von ihr – mit eindrucksvollem Tabascoschnaps und kurzem Casinobesuch – und hängen die Tage viel und lustig miteinander rum. Ich höre von einem abgelegenen Strand, den ich nur dank meiner maps-app nach einer längeren und weniger komfortablen Wanderung erreiche. Ich teile die Einsamkeit des schönen Strandes mit zwei Engländern,wobei die Dame der beiden es bei meinem Eintreffen noch schafft, ihre entblößte Blöße zu bedecken. Wir gehen nach einem die Situation auflockernden Gespräch gemeinsam zurück, sehen zwei dicke rote Papageien und verabschieden uns leider hektisch bei einer Bushaltestelle. Ich genieße den Sonnenuntergang, zu dem sich eine wohl besoffene Yogatruppe jauchzend, breitarmig und bikinikreisend zusammengefunden hat. Der berühmt-berüchtigte Homosexuellenstrand direkt daneben präsentiert sich gegenüber dem Spektakel züchtig und leer.


Nach einer Woche des Single-Reisens führten unsere Wege in Uvita wieder zusammen! Mittlerweile mussten wir uns mehr als einmal als „Länger als geplant“-Bleibende outen, aber dazu mehr im nächsten Beitrag! 🙂

La Pura Vida en Costa Rica: Wasserfälle, Nebelwald und Ziplining

​Nach exakt 2 Monaten verließen wir am 09.01. Nicaragua, um das Kapitel „Costa Rica“ in unserem Reisetagebuch zu beginnen! Der Abschied fiel uns nach 8 Wochen in dem Land, in dem wir so viele Abenteuer erlebt und nicht weniger viele nette Menschen kennen gelernt haben, zwar schwer, wir freuten uns aber auch zu neuen Ufern aufzubrechen. Wir verließen Nicaragua mittels drei typischer Busfahrten: Zuerst quetschen wir unsere Rucksäcke (und uns) in einen Microbus, dann stiegen wir in einen Chicken-Bus, der mit vielen Überholmanövern glänzte, denen man eine gewisse Suizidabsicht unterstellen könnte und zum Schluss genossen wir die letzte Busfahrt wieder mit etwas mehr Menschen, als ursprünglich für den Bus zugelassen. Bei der Grenze verlief alles reibungslos und schon saßen wir im Bus Richtung Liberia. Da dieses Gefährt anscheinend genügend Sicherheitsvorkehrungen entsprach, die ein Aufkleben von unzähligen „Gott beschützt diesen Bus“ überflüssig machten und darüberhinaus nur mit einer Handvoll Leute gefüllt war, fiel schnell jegliche versteckte Anspannung ab und schlafend wurden wir in die zweitgrößte Stadt Costa Ricas befördert.

In Liberia gestaltete sich die Hostelsuche etwas schwierig, weil jede Unterkunft, die wir ansteuerten ausgebucht war. Irgendwann hatten wir dann doch Glück und verbrachten den Abend gleich damit unsere Weiterreise zu planen. Am nächsten Tag mussten wir unser Sightseeing-Programm auf die Besichtigung der Kirche „Inmaculada Concepción de María“ (was sonst…) beschränken, da der Bus nach La Fortuna wartete. Mit definierten Busticket-Schaltern, zugewiesen Sitzplätzen und Gepäcksfächern kommen nämlich leider auch niedrige Busfrequenzen (Abfahrt meistens zweimal am Tag; ca. 5:00 morgens und ca. 16:00) und ewig lange Busfahrten durch an die Straßen angepasste Geschwindigkeiten..


Anfangs fuhren wir noch durch das schöne Bergland, das mit seinen „Almhütten“ heimatliche Gefühle hervorrief, bevor uns in Regen und Wolken dämmerte, dass der Sturm von dem im Fernsehen berichtet wurde, genau über unserem Zielort hing. In La Fortuna war nichts vom schönen Vulkan Arenal sowie generell von der Umgebung zu sehen und nachdem selbst die Regenjacken durchnässt waren, machten wir es uns für die nächsten drei Tage im Zelt gemütlich. Bei einem Versuch den Cerro Chato zu einer Lagune hinauf zu wandern, gaben wir bei der Hälfte – aufgrund matschiger Wege und Nebel vergangener Aussicht – auf. Dagegen war ein Ausflug zum Wasserfall „La Fortuna“ ein größerer Erfolg: Am Weg dorthin regnete es kaum und bei einer erfrischenden Kokosnuss leistete uns dann auch noch ein etwas größeres Hausschwein Gesellschaft. Oben angekommen zahlten wir zwar widerwillig den Eintritt von 15$, wurden dann aber doch mit einem schönen Naturschauspiel belohnt! Glücklicherweise hatten wir gute (vor allem deutsche) Gesellschaft im Hostel und so warteten wir – ab Tag zwei mit Magenverstimmung – ab, bis die Wolken schließlich endlich den Vulkan, zumindest teilweise, freilegten. Gegen allfälliges Heimweh half bei dem miesen Wetter nicht nur die vertraute Berglandschaft mit ihren Almhütten, sondern auch Südtiroler Äpfel… Naja, die Ananasschiffe fahren wohl nicht leer zurück 🙂


Pünktlich mit strahlendem Sonnenschein begaben wir uns auf eine wunderschöne Bus-Boot-Bus Tour nach Monteverde! Dort schlug uns erstmal eisiger Wind um die Ohren und mit dem Einzug in unser Zimmer mit hölzerner Vertäfelung war das Dänemark-Urlaub-Feeling perfekt. Leider waren wir beide noch angeschlagen und so nutzte Kathi den Tag zur Regeneration, während Thomas einen Ausflug zu einem kleinen privaten Reservat machte. Dort genoss er die Aussicht bis nach Puntarenas und dem Golf von Nicoya, wanderte zu einem Wasserfall und all das ohne eine Menschenseele. Ebenso blieb er vor der, anscheinend häufig vorkommenden, Begegnung mit einer Boa und einem Puma verschont.


Die obligatorische Ziplining Tour stand natürlich auch noch am Plan! Beim Anlegen des Gurtes fragten wir uns zwar beide, ob das die richtige Aktivität nach einer Magenverstimmung war, aber nach dem ersten Sprung in den freien Fall ließ das Adrenalin jegliche Bedenken verschwinden! Und so sausten wir von einem Baum zum nächsten und hatten während der Fahrt an bis zu 800m langen Kabeln traumhafte Ausblicke auf den Wald und bis ans Meer. 🙂 Direkt danach ging es weiter nach Alajuela, mit einer Busfahrt, die uns bessere Ausblicke als jede überteuerte Touristentour bescherte!

Unseren Stopp in Costa Ricas Großstadtdschungel nutzten wir hauptsächlich um unsere weitere Reise zu planen, einen Spaziergang durch den Parque Metropolitano La Sabana, vorbei am Fußballstadion und psychedelischen Bäumen, in San Jose zu unternehmen und – der letzte war ja schon so lange her… – wieder einmal einen Arztbesuch hinter sich zu bringen. Diesmal entschied sich Kathi für Zahnschmerzen und musste deswegen zu Dra. Maria del Carmen Navas Aparicio, die ihre Praxis im Bezirk mit dem äußert spanisch klingendem Namen Rohrmoser hatte! Aufgrund ihrer letzten Arztbesuche nahm sie diesmal die Hilfe einer deutschsprachige Zahnärztin in Anspruch, um mehr als nur die Hälfte des Gespräches zu verstehen. Die Behandlung bei der äußerst netten Ärztin lief bestens ab und, als während eine Begegnung mit einem Polizisten, der ein Jahr lang in Leipzig lebte und bei der Volkspolizei einen Teil seiner Ausbildung erhielt, nicht schon genug der „Die-Welt-ist-so-klein“ Gefühle gewesen, erzählte uns Frau Navas Aparicio auch noch, dass sie in Kiel studierte!