Neuer Kontinent, neue Sprache, neue Kultur! Um ein völlig neues Kapitel im Reisetagebuch aufschlagen zu können, mussten wir uns erstmal in den Norden Amerikas begeben. Nach einem anstrengenden Nachtflug landeten wir in Dallas, wo die Sonne bereit fürs Gegenteil war. Nachdem sich eine Couch für die sechs Stunden Aufenthalt als wahres Goldstück erwiesen hatte, kratzen wir unsere letzten Dollar Münzen aus Panama für überteuertes Frühstück zusammen und schon gings weiter, diesmal über den wirklich großen Teich! In den folgenden 13 Stunden, in denen wir hoch über dem Pazifik flogen, wurden die Reiseführer ausgetauscht und „Lebwohl, Südamerika – Hallo, Asien!“ gesagt.
Das Ziel unserer großen Reise, Tokyo, begrüßte uns mit einem spannenden Kulturschock. Auf der dringenden Suche nach Schlaf passte uns am Flughafen direkt ein Fernsehteam ab, das versuchte, uns noch die ein oder andere intelligente Antwort auf ihre Fragen zu unseren touristischen Vorhaben in der Stadt zu entlocken. Etwas überfordert von Schriftzeichen, Zurückhaltung und zuvorkommendem, zivilisierten Verhalten ließen wir uns doch schnell in die japanische Sicherheit fallen und genossen die entspannte Fahrt in die Stadt. Wir machten uns direkt auf in den Stadtteil Kyodo, wo Edwina, die Schwester von Kathis Schwägerin, arbeitet und uns eine Unterkunft für die nächsten Tage vermittelte. Ziemlich erschöpft genossen wir im Restaurant von Edwinas Mann, Sanae, noch ein hervorragendes Abendessen im typisch japanischen Flair. 🙂
Unseren ersten Tag in Tokyo verbrachten wir erstmal hauptsächlich mit Schlafen, bevor wir uns im Supermarkt den ersten Herausforderungen des Tages stellten. Die Kühe auf dem Tetrapak verrieten uns dann glücklicherweise doch, wo Milchprodukte drinnen sind und durch den Schütteltest konnten wir sogar die Milch vom Joghurt unterscheiden! Stolz darauf, dass wir uns das gewollte Frühstück zusammengefunden hatten, wagten wir uns in die Innenstadt und konnten uns schon bei der U-Bahn Fahrt nicht satt sehen: Soviel Zurückhaltung und Rücksichtnahme hüllten uns selbst in dieser Millionenstadt in ein absolut neues Gefühl von Sicherheit und machten uns klar, wie so viele Menschen auf engstem Raum derart friedlich zusammenleben können. Zwischen den unendlichen Hochhäusern fühlten wir uns dann wie kleine Ameisen, deren Augen und Ohren von einem riesigen Werbebildschirm zum nächsten wanderten. Die Überquerung der berühmten Shibuya-Crossing glich mehr einer mehrspurigen Ameisenautobahn als -straße, wo wir uns mitten drinnen zwischen all den perfekt angezogenen Japanern eher underdressed fühlten. Die Faszination sollte noch weitergehen: Dank eines perfekten öffentlichen Transportsystems und einem hohen Elektroautoanteil beschränkt sich der Lärm in Tokyo auf Kleinstadtniveau und das ausgeklügelte Straßensystem lässt einen in Nebenstraßen ebenso fühlen. Wahrscheinlich würde ein Japaner aus Rücksicht auf seine Mitbürger auch nie auf die Idee kommen, dem öffentlichen Raum durch ein Auto so viel Platz wegzunehmen…
Am Abend tauchten wir mit Edwina und ihrer Familie noch weiter in das japanische Leben ein. Nachdem wir uns durch köstliche Spezialitäten des Landes gekostet hatten, lernten wir im Onsen die große Badekultur Japans kennen und entspannten uns in den heißen Quellen!
Was wäre ein Besuch in Tokyo ohne die Besichtigung eines Tempels! Zum Einstieg suchten wir uns deshalb den berühmtesten heraus und spazierten durch den beeindruckenden Yoyogi-Park bis zum Meji-Schrein, wo sich die Stadt von seiner traditionelle Seite zeigte. Statt eine hölzerne Gebetstafel mit neuen Worten zu bestücken, laßen wir uns lieber die vorhanden durch und konnten uns das ein oder andere Schmunzeln nicht verkneifen. 🙂 Bevor es wieder hinaus in die moderne Konsumwelt ging, genossen wir die Ruhe im wunderschönen Park und schauten den fetten Kois im Teich zu. Selbst mitten im Yoyogi-Park konnte man die Liebe der Japaner zu Automaten erkennen, denn auch dort war es möglich, für ein paar Münzen eine Getränk aus dem Automaten zu holen.
Unser Weg führte uns weiter zum Kaiserpalast, wo der Tag leider sprichwörtlich ins Wasser fiel. Deshalb drehten wir dem riesigen Areal nach kurzer Zeit den Rücken zu und begaben uns in die Unterwelt Tokyos. Besonders an Regentagen ist es nämlich äußert angenehm, dass man teilweise kilometerlang von U-Bahn Station zu U-Bahn Station untertage gehen kann. Irgendwo bei der berühmten Einkaufsstraße Ginza war dann Schluss mit dem Marsch im Trockenen und so betraten wir den Sony Tower, wo wir das Neueste vom Neuen in der Technikwelt erkundeten.
Eine Attraktion wollten wir uns auch nicht entgehen lassen: Ein Sumoringertraining! Nach langem Suchen fanden wir auch einen Sumostall, bei dem das Zuschauen durch die Fenster auf der Straße möglich war. Also machten wir uns frühmorgens auf ans andere Ende der Innenstadt, wo sich schon eine Traube Menschen vor den Fenstern zu den halbnackten Kämpfern versammelt hatte. Ziemlich fasziniert darüber, dass an den Männern doch mehr Muskel als Fett dran ist, schauten wir zu wie sie ihr Training für die in einer Woche stattfindenden nationalen Meisterschaften abhielten.
Das Sportprogramm komplettierten wir mit einer kurzen Fußreflexzonen“massage“ in einem Park und widmeten uns dann wieder dem Tempelprogramm im Ueno Park. Dort reihte sich wieder einige dieser Kulturstätte nebeneinander, die mit den Pagoden und Fischteichen wieder einmal ein perfektes Bild ergaben. Zum Abschluss des Tages marschierten wir durch die sauberen Straßen (uns das obwohl es in der ganzen Stadt anscheinend keine Mistkübel gibt) bis zu einem Friedhof und schlussendlich bis nach Akihabara, dem electro-town der Stadt. Dort interessierten uns allerdings weniger die zehnstöckigen Elektronikgeschäfte, sondern mehr die „Maids“, die an jeder Ecke versuchen, Kunden für ihre Maid Cafés zu lukrieren. Die Mädchen, die aussehen als wären sie direkt einem Manga entsprungen und definitiv das kindliche Ich in einem wecken, drückten uns dann aber leider Menüs in die Hand, deren Produkte unser Reisebudget weit überstiegen. So suchten wir uns eine Suppenküche, wo wir erschöpft und voller neuer Eindrücke den Tag beendeten!
Unser letzter Tag in Japan begann wieder im Morgengrauen, da Edwina und Sanae organisieren konnten, dass wir direkt bei einem Training in einem Sumostall zusehen konnten. Also waren wir um 6:30 in der Arena, die diesmal leider wirklich das Gefühl vermittelte, dass hier weniger Menschen als Rinder kämpften. In den nächsten drei Stunden konnten wir unstrukturiertes Training und trotz Sprachbarriere eine sehr herablassende Stimmung der älteren gegen die jungen Sumoringer beobachten. Im Gegensatz zum vorigen Tag wirkten die Männer auch weit weniger muskulär, sondern teilweise schwerst übergewichtig…
Als letzter Punkt stand noch der berühmte Tsukiji Fischmarkt auf unserer Sightseeing Liste. Da das Sumotraining leider sehr lange dauerte, konnten wir zwar nur mehr durch die fast leeren Gänge spazieren, aber uns absolut vorstellen, was für ein Treiben hier frühmorgens herrscht. Riesige Fischköpfe, unendlich viele Kühlboxen und leere Wasserbecken säumten die Gänge durch die wir uns bewegten, während Fischgeruch mit jedem Atemzug in unsere Nase stieg. Nach einem kurzen Abstecher zum Gemüsemarkt, gönnten wir uns natürlich fangfrisches Sushi in einem der Lokale, die sich entlang des Marktes aneinander reihten.
Gerade einmal eingetaucht in die faszinierende Welt Japans, mussten wir am 12. Mai das Land leider schon wieder verlassen… Zum Abschluss schlenderten wir noch ein bisschen über die Ginza, genossen ein letztes Mal Onigiri und Schoko-Pandas und verabschiedeten uns von Edwina bevor es wieder zum Flughafen ging. Abermals stand ein langer Flug bevor, diesmal in den Süden Asiens.