Wenn ein Surfurlaub ins Wasser fällt: Rippenschmerzen und Idul Fitri in Batu Karas

Ritsch-ratsch, ritsch-ratsch… Allahu akbar… Noch bevor die Sonne aufgeht, erwecken uns langsam der Muezzin und das Geräusch, das in die Luft getragen wird, wenn Wachs auf ein Surfboard gerieben wird. Die ersten Anzeichen der Sonne tauchen die Bucht von Batu Karas in ein dunkles grau, was die ersten Surfer veranlasst, sich in die schemenhaften Wellen zu begeben. Obwohl der große Feuerball am Himmel das kleine Fischerdorf bald in alle Farben getaucht haben wird, bleibt es verschlafen und ruhig. Es ist Ramadhan und während sich das Leben von der Straße in die Häuser zurückgezogen hat, tauchen wir ein in die verlassenen Wellen, die unaufhörlich die weiße Gischt an Land bringen.

Nach einer Woche Trockenzeit mussten wir Bob einfach wieder zu Wasser lassen und begaben uns deshalb nach Batu Karas, wo Kathi vor zwei Jahren zum ersten Mal ein Surfboard zwischen die Finger bzw. unter die Füße bekam. Die Rückkehr erweckte schöne Erinnerungen und ließ unsere Herzen höher schlagen, hatten wir doch hier eine Welle vor der Haustüre, die jung und alt auf jeglichem surfbaren Untersatz eine gefühlte Ewigkeit übers Meer trug! Die Handvoll Unterkünfte, die sich an der Promenade entlang aneinander reihten, spuckten jeden Tag Surfer aus Australien bis Kolumbien und Kanada bis Madagaskar aus, die den Felsen entlang stapften um mit ihren Brettern im line up zu landen. Da dort nicht nur gepaddelt, gesurft und genosedived, sondern auch viel gequatscht und gelacht wurde, fühlte man sich schnell wie in einer großen WG, die natürlich keiner schon nach ein paar Tagen verließ. 🙂

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Leider hatte für Thomas der Spaß im Wasser bald ein Ende: Die Überbelastung schlug ihm derart auf die Rippen, dass nicht nur das Sitzen, Liegen, Stehen, sondern auch das Mopedfahren, geschweige denn das Paddeln möglich war… Eine Ferndiagnose von Dr. Stelzeneder ergab eine Zerrung des Seratus Anterior und Weiterführung der begonnenen Diclofenac Therapie. In einem Ort, in dem das Surfen das Monopol auf Freizeitbeschäftigungen und Gesprächsthemen hat, verdunkelte sich durch die Verletzung natürlich auch schnell das psychische Wohlbefinden. Deshalb suchte sich Thomas schon bald eine Beschäftigung neben seiner Tätigkeit als Surffotograf: Beim pensionierten Lehrer Bill konnte er seine indonsischen Zweiwortsätze auf ein neues Niveau bringen und dadurch noch mehr ins Leben hier eintauchen.

Schnell hatten wir uns zu einer kleinen Surffamilie zusammengefunden, die gemeinsam beim Abendessen mit Gesprächen über Wellen, Rippen und die indonesische Sprache den Tag ausklingen ließ. Mit Ella und Michael aus Australien und Marvin aus England war eine bunte internationale Gemeinschaft zusammengekommen. 🙂 Wir genossen gemeinsam das Salzwasser aus dem Meer und flüchteten zu einem Schokomilkshake, wenn mal wieder das Süßwasser in Strömen vom Himmel rauschte. Am Wochenende gönnten wir uns den leckersten Fisch, der direkt vor der Tür mit den Fischerbooten landete! Unser stark ausgeprägtes Wohlbefinden gründete natürlich nicht nur auf Wellen und Essen, sondern auch der Freundlichkeit mit der man hier (so wie bis jetzt überall in Indonesien) empfangen wird: Jede Begegnung beginnt mit einem Lächeln! 🙂 Auch der sehr liberal gelebte Islam änderte das ein oder andere Bild, das wir in unseren Köpfen von dieser Religion manchmal haben. Wenn ein Kopftuch zu einem Schmuck wird, der auf vehementes Verhandeln, lautes Lachen und raketenschnelles Scooterfahren aufgesetzt wird, weiß man, dass hier das Wort „Unterdrückung“ fehl am Platz ist. Nochdazu wenn man unzählig viele Männer sieht, die keine „Sonntagspapas“ sind, sondern alle alltäglichen Aufgaben mit Kind erledigen…

Nach ein paar Tagen gesellte sich auch Kathi ins Krankenbett: Eine Ohrenentzündung machte sich bemerkbar. Um einem Verlauf wie in Nicaragua Einhalt zu gebieten, wurden allerdings gleich alle Geschütze aufgefahren und so verbrachten wir nur drei Tage damit viele Selfies zu machen und zu überlegen, wer denn jetzt ärmer dran sei. 🙂

Doch auch ohne unsere Wehwehchen, hätten wir uns vermutlich ab 26.6. nur im Zimmer eingesperrt. Denn da brach Idul Fitri und damit die Bewohner von ganz Jakarta und Bandung über das klitzekleine Fischerörtchen herein… Eigentlich begann ja alles ganz ruhig, denn mit dem Anfang des Zuckerfestes am Abend des 24.6. schienen alle Einheimischen zuhause zu feiern, denn die wenigen Surfertouristen versammelten sich alle im einzigen Restaurant, das an diesem Abend seine Türen nicht geschlossen hielt. Doch auf die Ruhe folgt bekanntlich der Sturm… und wie: Nachdem der Dauer-Allahu akbar-Gesang die GANZE Nacht durch den Moscheelautsprecher dröhnte, begaben wir uns mit Sonnenaufgang auf unseren Balkon und trauten unseren Augen nicht! Parkplatz, Straße, Strand und Wellen waren verschwunden und von einer unzählbaren Menge an urlaubswütigen Indonesiern bedeckt. Mit Selfiestick bewaffnet, schlemmten sie alles, was noch irgendwie in den brechend vollgeladenen Pick-up passte. Nachdem Jung und Alt heiser vom Schreien in Bananaboat und Riesentubes und die Jeans, T-Shirts und Kopftücher klatschnass waren, konnte man sich bis zum Sonnenuntergang auch mit frittierten Bananen und Eis versorgen. Wenn die Musik des Eisverkäufers endlich aus unseren Ohren und die meisten Leute wieder auf die andere Seite des Hügels verschwunden waren, trauten wir uns wieder zum Abendessen raus. Bevor der Wanderzirkus am nächsten Tag wieder mit Sonnenaufgang auf der Sandmatte stand, durchsetzen noch ein paar Feuerwerke und Gebetsgesänge die Nachtruhe… Nach zwei Tagen hielten wir das Spielchen nicht mehr aus und fuhren mit dem Roller in die Freiheit! Vorbei an wunderschönen Reisfeldern, Kokosnussschalenmahlfabriken 🙂 und Straßenständen machten wir uns zuerst auf zum Markt in Cijulang und dann weiter zum Strand mit dem Batu Hiu, dem Haifelsen. Dort genossen wir die Aussicht bis uns die fordernden „Photo, Mister?“-Blicke doch zu viel wurden und wir wieder aufs Moped stiegen. In einer kleinen Schildkröten-Auffangstation konnte Thomas seine Indonesischkenntnisse wieder unter Beweis stellen bevor wir in den Sonnenuntergang zurück fuhren.

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